„Die deutsche Wirtschaft befindet sich weiter und damit das zehnte Jahr in Folge auf Wachstumskurs.” So eröffnet die Bundesregierung ihren Jahreswirtschaftsbericht 2019, der vor wenigen Wochen der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Weiter heißt es: „So erwartet die Bundesregierung für das Jahr 2019 ein Wachstum des preisbereinigten Bruttoinlandsprodukts um 1,0 Prozent. Der Arbeitsmarkt entwickelt sich weiterhin positiv. Die Arbeitslosenquote wird im Jahr 2019 voraussichtlich auf 4,9 Prozent sinken, die Zahl der Beschäftigten weiter auf 45,2 Millionen steigen.”
Auf den ersten Blick also weiterhin eine ordentliche konjunkturelle Situation. Nur wenige Zeilen später konstatiert allerdings auch das Bundeswirtschaftsministerium: „Insgesamt bleibt die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland aufwärtsgerichtet, sie ist aber in unruhigeres Fahrwasser geraten. Die Risiken vornehmlich aus dem außenwirtschaftlichen Umfeld haben sich erhöht. Dies ist ein Grund dafür, dass sich das Wachstumstempo 2019 im Vergleich zum Vorjahr reduziert.” Und in der Tat, nach dem schon fast euphorischen Wachstum in 2017 mit 2,2 Prozent, das bis weit in das erste Halbjahr 2018 hineinreichte, hat sich seither eine deutliche Abkühlung der Lage ergeben.
Im Ergebnis wuchs die Wirtschaft im Gesamtjahr nur noch um 1,5 Prozent - vor einem Jahr hatte die Bundesregierung eine Beschleunigung des Wachstums auf 2,4 Prozent für 2018 erwartet. Unter anderem stellt die Regierung in ihrem neuen Bericht fest, dass die wie erwartet eingetretene Steigerung des verfügbaren Einkommens der Haushalte (+ 3,2 Prozent) trotz der ebenfalls wie prognostiziert moderaten Preissteigerung (+ 1,6 Prozent) nicht zu einem verstärkten privaten Konsum geführt habe. Dieser stieg nur um ein Prozent. Statt einer stärkeren Ausweitung des Konsums stieg die Sparquote der privaten Haushalte deutlich an. Ein Zeichen, dass die weltwirtschaftlichen Risiken auch im Bewusstsein der deutschen Verbraucher angekommen sind.
Im laufenden Jahr wird der konjunkturelle Temperatursturz noch deutlicher werden: Nur noch um ein Prozent soll das Bruttoinlandsprodukt zulegen. Noch vor wenigen Monaten lagen alle Projektionen eher bei dem doppelten Wert. Und auch bei der jetzigen Prognose der Bundesregierung sind noch nicht alle Risiken eingepreist.
Hierzu heißt es im Bericht zu den Annahmen der Berechnungen: „So bleibt zum Beispiel der Finanzsektor stabil und es kommt zu keiner Ausweitung der Handelskonflikte. In der Projektion wird von einem geregelten Ausstieg des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union ausgegangen.” Es ist also keineswegs ausgeschlossen, dass sich auch diese Prognose im Nachhinein als (zu) optimistisch herausstellen wird.