Mit dem Forderungsbeschluss vom 19. September der Gewerkschaft IG BCE ist die Tarifrunde der chemischen Industrie gestartet. Die Verhandlungen beginnen auf regionaler Ebene zwar erst am 30. September in Düsseldorf. Schon jetzt ist für den Hauptgeschäftsführer des Unternehmerverbands der chemischen Industrie, Ralf Bruns, klar: „Ein Lohnplus in der Rezession ist keine Option.“
Die Gewerkschaft fordert ein reales Lohnplus, ein "Zukunftskonto" in Höhe von 1.000 Euro pro Jahr sowie eine arbeitgeberfinanzierte Pflegezusatzversicherung für jeden Tarifbeschäftigten, außerdem mehr Engagement in der Qualifizierung. „Die Industrie steckt mitten in der Rezession – aber die IG BCE fordert munter weiter, als sei nichts passiert. Die Gewerkschaft muss ihre Ansprüche herunterschrauben“, so Bruns. In vielen weiteren Unternehmensbefragungen regional und bundesweit habe sich gezeigt: Die Nachfrage sinkt in vielen Bereichen sehr deutlich. Ungelöste Handelskonflikte und verstärkte Brexit-Sorgen belasten die Märkte. Für 2019 erwartet die Chemiebranche Verluste bei Produktion und Umsatz von fünf bis sechs Prozent. Das sei der größte Rückgang seit der Krise 2008/2009. Bruns gibt zudem zu bedenken: „Die gesamte Industrie befindet sich in einem tiefgreifenden Strukturwandel. Digitalisierung, Klimaschutz, E-Mobilität und Kreislaufwirtschaft. Deshalb benötigen die Unternehmen erhebliche finanzielle Ressourcen für Investitionen, die Standorte und Arbeitsplätze zukunftsfähig machen. Diese wirtschaftlichen Realitäten und Erfordernisse müssen auch das Ergebnis der Chemie-Tarifrunde bestimmen.“
Dem „Zukunftskonto“ von 1000 Euro je Tarifmitarbeiter, den Vorstellungen der IG BCE zufolge nutzbar für zusätzliche freie Tage oder zum Ansparen von längerer Auszeit, erteilt Bruns in der geforderten Form eine Absage. „Denn das bedeutet im Umkehrschluss 4,2 zusätzliche freie Tage für jeden Tarifbeschäftigten pro Jahr. Wie sollen Unternehmen gerade in unserer Region in Zeiten des Fachkräftemangels die fehlende Arbeitszeit kompensieren?“ Bruns: „Für uns bedeutet mehr Flexibilität nicht mehr Freizeit.“ Die Forderung der IG BCE nach einer arbeitgeberfinanzierten tariflichen Pflegeversicherung kostet, so Bruns, viel Geld. "In der aktuellen wirtschaftlichen Situation dürfen die Arbeitskosten nicht steigen“, unterstreicht er abschließend.