Der Ausschluss Russlands aus dem menschenrechtsrat mag von der Dimension her als gering erachtet werden – auch wenn Präsident Biden ihn „historisch“ nennt.
Etwas ganz anders zeigt sich aber nicht zuletzt an dieser Abstimmung: nämlich, dass wir vor einer neuen Weltordnung stehen und damit auch vor einer neuen Wirtschaftsordnung.
Der Antrag wurde mit 93 Stimmen angenommen, 24 Mitglieder votierten dagegen, 58 enthielten sich. Das ist alles andere als eine klare Aussage.
Schon zuvor hatten Länder wie Indien, Südafrika oder Sri Lanka den Überfall auf die Ukraine nicht kritisiert.
Chinas Staatsmedien publizieren nur, was ins nach wie vor nicht Russland-feindliche Bild passt.
Pro-Russische Demonstrationen selbst hier in Deutschland zeigen, wie gespalten Staaten und ihre Bürgerinnen und Bürger sind.
Wir müssen uns unbedingt darüber im Klaren sein, dass es kaum mehr eine einheitliche Meinung gibt – weder innerhalb unserer Staatsgrenzen und erst recht nicht darüber hinaus. Wir bauen auf die euro-atlantische Sicherheitsarchitektur, aber sind uns mehr denn je der Fragilität dieses Gerüsts bewusst geworden. Verträge sind die eine Seite, echte Beziehungen die andere.
Trotz Brexit schaffen wir einen Schulterschluss mit Großbritannien und gewinnen andere - vermeintlich freundschaftlich verbundene - Länder wiederum nicht zum Pakt für Frieden und für eine einheitliche demokratische Stimme.
Es ist das Wesen der Demokratie, dass sie auf Mehrheiten setzt, mit einer Opposition interagiert, eine Minderheit toleriert und an diesem Kräftespiel wächst. Wie sehr sich innerhalb einzelner Bündnisse hier die Fronten verschieben, ist überraschend und an vielen Stellen auch bedenklich.
Für eine Weltordnung nach dem Angriffskrieg gegen die Ukraine müssen wir viele Beziehungen auf den Prüfstand stellen. Bündnisse funktionieren dann, wenn man sich der Mitarbeit aller Beteiligten sicher sein kann. Hierzu gehört es auch, sich auf Eckpunkte unmissverständlich verlassen zu können – insbesondere in Krisenzeiten.