Mit der Einführung einer steuerfreien Hinzuverdienstgrenze von 2.000 Euro pro Monat will die Bundesregierung mehr Fachkräfte im Ruhestand aktivieren und die Rentenkasse entlasten. Beides klingt nach einer pragmatischen Lösung – ist es aber nicht.
Denn so attraktiv die Idee auf den ersten Blick scheint, so wenig überzeugt sie bei näherem Hinsehen. Weder die Zahl der tatsächlich gewinnbaren Fachkräfte noch die Entlastungseffekte für die Rentenversicherung werden in nennenswertem Umfang eintreten.
Zudem ist die Regelung teuer und rechtlich riskant. Dem Staat entgehen laut Finanzministerium bis zu 900 Millionen Euro, das Institut der deutschen Wirtschaft schätzt sogar 1,4 Milliarden Euro an Steuermindereinnahmen. Gleichzeitig werden Selbstständige ausgeschlossen und warum ein solcher Negativanreiz für Selbständige dem Land gut tun sollte, erschließt sich wirklich nicht. Auch die Bevorzugung älterer Beschäftigter gegenüber Jüngeren könnte juristisch problematisch sein.
Vor allem aber: Die Aktivrente löst das Grundproblem nicht. Unser Rentensystem bleibt unausgewogen, solange zu wenige Erwerbstätige zu viele Rentner finanzieren. Nachhaltige Entlastung entsteht nur, wenn Menschen tatsächlich länger im Beruf bleiben durch bessere Arbeitsbedingungen, flexible Übergänge und den Abbau von Fehlanreizen zur Frühverrentung.
Die Aktivrente ist damit kein Instrument der Zukunft, sondern ein Versuch, Symptome zu lindern, ohne Ursachen zu bekämpfen.
Was wir brauchen, ist keine steuerliche Bevorzugung einzelner Gruppen, sondern eine ehrliche Debatte über die Zukunft der Arbeit und die Lebensarbeitszeit insgesamt. Nur wenn wir länger und flexibler (und hier schaffen wir kaum den Sprung zur Wochenarbeitszeit!) arbeiten können, sichern wir die Rente dauerhaft und gerecht.
https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/aktivrente-rentenpolitik-100.html
