Einigung im Tarifkonflikt der chemischen Industrie: Arbeitgeber und IG BCE haben sich auf ein langfristiges Tarifpaket für die 1.900 Betriebe mit 580.000 Beschäftigten verständigt:
- Langfristige Planungssicherheit für die Unternehmen durch die längste Laufzeit seit 1987
- Leermonate für 2019 und Einmalzahlung für das erste Halbjahr 2020
- Entgeltplus: 1. Stufe 1,5 Prozent ab Juli 2020
- 2. Stufe 1,3 Prozent ab Juli 2021
- Gesamtlaufzeit 29 Monate mit betrieblichen Differenzierungsmöglichkeiten
- Innovativer tariflicher Schutz für den Pflegefall ab Juli 2021
- Mehr Flexibilität bei der Arbeitszeit für beide Seiten / Zukunftsbetrag vereinbart
- Gemeinsame Qualifizierungsoffensive gestartet
- Arbeitgeber setzen Reform der Altersfreizeiten auf die Agenda
Längste Laufzeit seit 1987 – Tarifvertrag „Moderne Arbeitswelt“ vereinbart
BAVC und IG BCE haben ein umfassendes Tarifpaket vereinbart, das der schwierigen wirtschaftlichen Lage Rechnung trägt und zugleich neue, innovative Elemente enthält. So erhalten erstmals in Deutschland sämtliche Tarifbeschäftigten einer Branche eine tarifliche Absicherung für den Pflegefall. Neben moderaten Entgelterhöhungen profitieren die Beschäftigten ab 2020 zudem von einem Zukunftsbetrag, der zunächst 9,2 Prozent eines tariflichen Monatsentgelts beträgt und bis 2022 auf 23 Prozent ansteigt. Dieser Betrag kann auch für die flexiblere Gestaltung der Arbeitszeit eingesetzt werden. Im Gegenzug können die Unternehmen individuell längere Arbeitszeiten vereinbaren. Die Umwandlung des Zukunftsbetrags in freie Tage ist nur möglich, wenn die notwendigen Kapazitäten im Betrieb sichergestellt sind. Mit einer Qualifizierungsoffensive investieren BAVC und IG BCE in mehr Transparenz und bessere Perspektiven im digitalen Wandel. Mit 29 Monaten Laufzeit ist dies der längste Tarifabschluss in der Chemie seit 1987. Vereinbart wurde zudem, die Altersfreizeit-Regelung zu überarbeiten.
BAVC-Präsident Beckmann: „Neue Stufe der Sozialpartnerschaft“
„Wirtschaftlicher Realismus und tarifpolitischer Weitblick prägen den Chemie-Tarifabschluss 2019“, unterstreicht BAVC-Präsident Kai Beckmann. „Wir schaffen neue Spielräume bei der Arbeitszeit, stärken die Qualifizierung im digitalen Wandel und gehen mit der Pflegeversicherung auch sozialpolitisch voran. Wir gestalten die neue Arbeitswelt gemeinsam – und das im Einklang mit der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen. Ein besonderer Pluspunkt ist die ausgesprochen langfristige Planungssicherheit für die Betriebe. Dieser Abschluss hebt unsere Sozialpartnerschaft auf eine neue Stufe. Wir stellen Fortschritt vor Verteilung – und zeigen damit auch der Politik in Berlin, wie es geht.“
Verhandlungsführer Müller: „Guter Abschluss in schwierigem Umfeld“
„In einer Situation mit eng begrenztem Verteilungsspielraum haben wir komplexe Verhandlungen zu einem guten Ende geführt“, so BAVC-Verhandlungsführer Georg Müller. „Mit einer außerordentlich langen Laufzeit und sehr moderaten Entgelterhöhungen konnten wir unsere wichtigsten Ziele erreichen. Beim Zukunftsbetrag ist entscheidend, dass die Betriebe die Kontrolle behalten. Die Unternehmen haben nun außerdem mehr Optionen, die Arbeitszeit nach oben zu öffnen. Das ist ein wichtiger Schritt zu mehr Flexibilität. Alles in allem haben wir ein angemessenes und innovatives Paket geschnürt.“
Entgelt: Leermonate + Einmalzahlung + zweistufige Erhöhung für 29 Monate
Der Entgeltkompromiss sieht zunächst 2 Leermonate vor, gefolgt von einer regional gestaffelten Einmalzahlung von bis zu 6 Prozent eines tariflichen Monatsentgelts für das erste Halbjahr 2020. Ab 1. Juli 2020 werden die Entgelte in der ersten Stufe um 1,5 Prozent erhöht. Die zweite Stufe der Entgelterhöhung greift ab 1. Juli 2021 und beträgt 1,3 Prozent. Die Ausbildungsvergütungen steigen entsprechend. Die Gesamtlaufzeit beträgt 29 Monate. Entgelterhöhungen werden künftig in allen Tarifbezirken zum selben Zeitpunkt wirksam. Die bezirklichen Entgelttarifverträge laufen entsprechend bis Ende März 2022. Die tarifliche Jahresleistung wird ab 2021 von 95 Prozent eines tariflichen Monatsentgelts auf 100 Prozent angehoben.
Betriebliche Differenzierung
Die zweite Stufe der Entgelterhöhung ab Juli 2021 kann um bis zu 2 Monate verschoben werden, wenn die wirtschaftliche Lage dies erfordert. Aus wirtschaftlichen Gründen ist zudem eine Halbierung des Zukunftsbetrags möglich. Diese zusätzliche betriebliche Flexibilität trägt der differenzierten Situation innerhalb der Branche Rechnung.
Pflegezusatzversicherung: tarifpolitisches Neuland
Um der wachsenden Herausforderung Pflege zu begegnen, betreten die Chemie-Sozialpartner tarifpolitisches Neuland: Erstmals vereinbaren Tarifpartner in Deutschland für eine gesamte Branche eine zusätzliche tarifliche Absicherung für den Pflegefall. Der Versicherungsschutz gilt für alle Tarifbeschäftigten ab 1. Juli 2021 – ohne Gesundheitsprüfung. Im Pflegefall erhält der Versicherte bei ambulanter Pflege 300 Euro monatlich, bei stationärer Pflege 1.000 Euro monatlich. Die Kosten von 33,65 Euro pro Monat und Mitarbeiter trägt der Arbeitgeber. Die Versicherten können den Versicherungsschutz zu günstigen Konditionen auf Familienmitglieder ausweiten sowie die individuellen Leistungen aufstocken. Mit dieser Tarif-Innovation geben die Chemie-Sozialpartner eine weitere tarifpolitische Antwort auf den demografischen Wandel.
Neuer Tarifvertrag „Moderne Arbeitswelt“ vereinbart
Mehr Flexibilität bei der Arbeitszeit für beide Seiten, Leitplanken für mobiles Arbeiten und einen Zukunftsbetrag haben BAVC und IG BCE im neuen Tarifvertrag „Moderne Arbeitswelt“ vereinbart.
Danach erhalten Tarifbeschäftigte für 2020 einen Zukunftsbetrag von 9,2 Prozent eines tariflichen Monatsentgelts, der für unterschiedliche Zwecke eingesetzt werden kann. Bis 2022 steigt der Betrag auf 23 Prozent eines Monatsentgelts. Über die Verwendungsmöglichkeiten entscheiden die Betriebsparteien