Gesamtmetall hat daher drei renommierte Professoren gebeten, sich mit aktuellen Fragen des Arbeitszeitrechts auseinanderzusetzen, insbesondere auch vor dem Hintergrund der Vorstöße des Europäischen Gerichtshofs und jüngst auch des Bundesarbeitsgerichts zur Verschärfung der Pflichten zur Erfassung von Arbeitszeiten.
Bei dem Gutachten handelt sich um
- ein personalwirtschaftliches Gutachten zum Wert flexibler Arbeitszeitmodelle und den Gefahren von Einschränkungen unter der Federführung von Prof. Dr. Stowasser (Direktor des Instituts für angewandte Arbeitswissenschaft in Düsseldorf);
- ein rechtswissenschaftliches Gutachten zu den Grenzen europäischer Umsetzungspflichten für den deutschen Gesetzgeber von Prof. Dr. Thüsing (Direktor des Instituts für Arbeitsrecht und Recht der Sozialen Sicherung, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn) sowie
- ein weiteres rechtswissenschaftliches Gutachten zu den unionsrechtlichen Mindestvorgaben zur Ausgestaltung eines Systems der Arbeitszeiterfassung auch im Kontext der aktuellen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts von Prof. Dr. Höpfner (Geschäftsführender Direktor des Instituts für Arbeits- und Wirtschaftsrecht der Universität zu Köln).
Die Gutachten belegen eindrucksvoll, dass eine umfassende Arbeitszeiterfassung für alle Beschäftigten auch nach den Entscheidungen aus Luxemburg und Erfurt keineswegs zwingend ist, sondern stattdessen eine Flexibilisierung des Arbeitszeitrechts geboten und auch rechtlich möglich wäre. Eine Reform des Arbeitszeitrechts darf aus Sicht der Arbeitgeber in der Metall- und Elektro-Industrie nur als Gesamtpaket erfolgen, das die Spielräume der europäischen Arbeitszeitrichtlinie hinsichtlich der Höchstarbeitszeit und der Ruhezeit umfassend nutzt, ohne den notwendigen Schutz der Beschäftigten aus dem Auge zu verlieren. Dabei muss ein höherer Autonomiegrad einhergehen mit einer größeren, zeitgemäßen Eigenverantwortung der Beschäftigten für ihre Arbeitszeit und deren Erfassung. Das gilt insbesondere für orts- und zeitflexible Arbeitsmodelle wie die Vertrauensarbeitszeit und das mobile Arbeiten. Nur so ist ein Ausgleich zwischen berechtigtem Arbeitsschutz und der modernen Arbeitswelt ohne neue Bürokratiebelastungen und Stechuhrmentalität erreichbar. Konkret heißt das:
- Die Regelungen zur Höchstarbeitszeit müssen gemäß der Vorgabe der europäischen Arbeitszeitrichtlinie von einer Tageshöchstarbeitszeit auf eine Wochenhöchstarbeitszeit umgestellt werden. Keiner soll deswegen länger arbeiten müssen, aber man soll die Arbeit besser innerhalb der Woche verteilen dürfen.
- Flankierend muss die geltende Ruhezeitregelung mit einer unbeschränkten tariflichen Öffnungsklausel versehen werden.
- Wird bei der Erfassung der Arbeitszeit eine Regelung überhaupt für notwendig erachtet, sind klare Ausnahmeregelungen sowie eine echte Wahlfreiheit bei der Form der Erfassung zwingend erforderlich, um innovative Arbeitszeitmodelle nicht zu behindern. Wie bisher muss daher eine einvernehmlich vereinbarte Vertrauensarbeitszeit auch künftig von einer minutengenauen Erfassung der Arbeitszeit ausgenommen bleiben. Auch hier ist der Koalitionsvertrag beim Wort zu nehmen.